Anschrift der Kirche
Pfarrstr. 11
86453 Dasing OT Wessiszell
Öffnung
Die Kirche ist nur zu den Gottesdienstzeiten geöffnet. Außerhalb dieser Zeiten können Sie sich gerne an die Familie Menzinger (Pfarrstr. 3) wenden, um ihnen die Kirche für einen Besuch zu öffnen.
Patrozinium
Fest der Unschuldigen Kinder (28. Dezember)
Filialkirchen dieser Pfarrei:
Tattenhausen, St. Peter und Paul
Zieglbach, St. Michael
Ortsgeschichte
Der Ort Wessiszell wird 1121 zum ersten Mal erwähnt. Sigemar, Willehalm und Rodinc von Wezzinscella, Ministerialen des Domkapitels zu Augsburg, bezeugten damals die Schenkung eines kleinen Gutes in Zieglbach an die bischöfliche Kirche in Augsburg. Eine weitere Erwähnung dieses Adelsgeschlechts ist für das 14. Jahrhundert belegt. 1420 wird zum ersten Mal die Kirche urkundlich erwähnt, als der bayerische Herzog sein Patronatsrecht wahrnahm. Um 1460 befand sich die Hofmark Wessiszell dann im Besitz eines gewissen Hans von Frauenberg. Später wurde sie mit der Hofmark Dasing vereinigt und 1644 von der Familie Weichs zusammen mit der Hofmark Dasing und St. Franziskus an das Augsburger Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra verkauft. In dessen Besitz blieb sie bis zur Säkularisierung 1806.
Baugeschichte der Kirche
Ein erster Bau geht auf das 12. –14. Jahrhundert zurück. Aus dieser Zeit stammen Unterbau des Turms, der Chor, den vermutlich ein gotisches Rippengewölbe nach oben abschloss, und der westliche Teil des Kirchenschiffes. Innen war die Kirche als Bilderkirche mit Fresken an den Wänden ausgestattet. Über das Schicksal der Kirche vom 15. bis zum 16. Jahrhundert ist wenig bekannt. Der Baubefund ergab, dass in dieser Zeit das Langhaus um 70 cm erhöht wurde, Teile des Dachstuhls sind aus dieser Zeit noch erhalten. Von einer zweiten Bemalung der Wände ist (hinter dem rechten Seitenaltar verborgen) noch ein Ausschnitt aus einer Darstellung des Fegefeuers zugänglich.
In den Wirren des 30-jährigen Krieges und des Spanischen Erbfolgekrieges dürfte die Kirche wie das Dorf selbst und annähernd alle Kirchen im Umkreis schwer gelitten haben. 1714 fand unter Pfarrer Simon Fischer (Epitaph heute unter der Kanzel angebracht) eine umfangreiche Erneuerung statt: Der teilweise eingestürzte Turm wurde mit dem barocken achteckigen Aufsatz und einer Uhr versehen. Wahrscheinlich wurde damals auch das Chorgewölbe neu eingebaut. Das Langhaus wurde nach Westen verlängert und eine Empore eingezogen. Diese war allerdings noch kürzer als die heutige. Aus dieser Zeit stammen auch die Apostelkreuze mit den runden Stuckrahmen (sowie die übrigen Stuckverzierungen) und die bei der letzten Innenrenovierung wieder sichtbar gemachte Kartusche mit der Widmung über dem Chorbogen (“H. H. Unshuldige Kinder … bittet für uns. S. F.”, wobei die Initialen für Simon Fischer stehen).
Aus dem 19. Jahrhundert lassen sich zwei verschiedene farbliche Fassungen des Innenraumes nachweisen. Im Chor gab es zu dieser Zeit auch farbige Glasfenster. Um 1900 erfolgte eine weitere farbliche Neufassung. Im Zuge einer Innenrenovierung durch Ludwig Hotter 1912 wurden die beiden Seitenaltäre (Ende des 17. Jh. ) und der Hochaltar (1840 aufgestellt) und der Kanzelkorb in neobarockem Stil überarbeitet. Das Hauptfresko, das den Betlehemitischen Kindermord (Patrozinium der Kirche) darstellt, und die begleitenden Embleme wurden 1923 durch Rudolf Hotter neu gemalt. Ein letzter größerer Eingriff in die Bausubstanz fand 1936 statt: das Kirchenschiff wurde um die beiden westlichen Langhausachsen mit den doppelten Fensterreihen (ca. 4 Meter) verlängert (Entwurf von Albert Kirchmayer). Die Erweiterung war wohl schon länger geplant, nachdem bereits aus dem Jahr 1895 ein Kostenvoranschlag für eine Kirchenerweiterung erhalten ist. 1954 fand eine Restaurierung durch Hermann Schweiggert aus Thalhausen statt (belegt durch eine eingeritzte Inschrift hinter dem Altar). 1965 wurde ein neuer Glockenstuhl in den Kirchturm eingebaut. Weitere Renovierungen erfolgten 1974 (Außenfassade und Dach unter der Regie von Kirchenpfleger Wendelin Fischer; damals wurde auch die Zwiebelhaube des Turms noch einmal erneuert) sowie 1986/87 (außen und innen). Bei der umfassenden Kirchenrenovierung 2008 (innen und außen) wurde insbesondere der einsturzgefährdete Dachstuhl unter der Regie von Kirchenpfleger Stefan Menzinger, dem Architekten Dieter Haid aus Aichach sowie vielen freiwilligen Helfern aus der Wessiszeller Dorfgemeinschaft erneuert.
Der Innenraum der Kirche
Nicht zuletzt wegen ihres Patroziniums finden sich in der Wessizeller Kirche zahlreiche Darstellungen, die dem Weihnachtsfestkreis zuzuordnen sind: am Hochaltar, am linken Seitenaltar, das Deckenfresko und das Rundbild rechts neben dem Ausgangsportal. Man bezeichnet die Kirche daher auch gelegentlich als „Weihnachtskirche“.
Der Hauptaltar
Nachdem der Vorgängeraltar baufällig geworden war, wurde 1836 von Pfarrer Georg Hofmann beim Schreinermeister Anton Wiest (Wüst) aus Schrobenhausen, ein neuer bestellt. 1840 wurde er aufgestellt. Farbig gefasst wurde er von dem Maler Mangold aus Ichenhausen, 1912 neubarock überarbeitet. 1987 wurden alle Altäre noch einmal neu gefasst. Das Altarbild ist ein Wechselbild, gezeigt wird in der Adventszeit die Verkündigung an Maria, die übrige Zeit die Geburt Christi mit der Anbetung der Hirten (Anfang 18. Jh). Auf den als Relief ausgeführten seitlichen Altarblättern findet man die Darstellung Jesu im Tempel (links) und die Flucht nach Ägypten (rechts). Der Volksaltar wurde am 12.7.1992 eingeweiht.
Linker Seitenaltar
Er stammt vom Ende des 17. Jahrhunderts. 1857 wurde er renoviert durch Michael Mangold, Fassmaler von Friedberg. Wie die beiden anderen Altäre ist er 1912 in neobarockem Stil umgestaltet worden. Das Altarblatt zeigt die Heiligen Drei Könige mit ihren Gaben, wie sie auf Eingebung eines Engels dem Stern folgen. In der zentralen Nische der Predella wurde früher die Figur der hl. Ottilie (s. u.) gezeigt, heute steht hier die Muttergottes mit Sternenkranz. Die beiden Reliefs zur Linken und zur Rechten, die hl. Barbara mit dem Kelch und die hl. Margarete mit dem Drachen, sind die ältesten Figuren im Kirchenraum, sie stammen vom Ende des 15. Jahrhunderts. Im Auszug ist das die Vorsehung bezeichnende Auge Gottes mit dreieckigem Nimbus und Strahlenkranz angebracht. Eine Fotografie von 1909 zeigt es bereits an dieser Stelle, während auf einer anderen von 1900 hier noch das Bild der Erlösten – jetzt im rechten Seitenaltar – zu sehen war. Auch die vier Putten auf beiden Seitenaltären müssen um diese Zeit an ihren Platz gekommen sein. Das Frontale unten zeigt die Wallfahrt von Maria und Josef mit dem zwölfjährigen Jesus nach Jerusalem.
Rechter Seitenaltar
Er stammt aus derselben Zeit wie der linke Seitenaltar. Er wurde 1860 durch Hr. Mangold aus Friedberg renoviert und ebenso 1912 barockisiert. Das Altarblatt beherrscht eine Schutzengelfigur, die einen Menschen führt. Vor der Predella steht eine neuere Herz-Jesu-Figur. Im Auszug eine Darstellung der Vollendung: Erlöste Menschen mit Palmzweigen in den Händen und Engel, die zusammen dem siegreichen Lamm Gottes huldigen (vgl. Offb 7,9f.). Früher (Fotografie von 1900) war an derselben Stelle die Heilig-Geist-Taube mit Strahlenkranz angebracht. Im Frontale unten werden die Tröstungen der Menschen im Fegefeuer dargestellt: die ihnen zugewendete Eucharistie (im Altarsakrament dargestellt) und Engel, die mit (Weih-)Wasser die Feuer-Qualen lindern.
Deckenfresko
Das Deckenfresko und die begleitenden Embleme in ihrer heutigen Form stammen von Rudolf Hotter (1923). Das Deckenfresko in hoher Auflösung gibt es > hier <. Die Inschriften in den Emblemen ergeben zusammen den Text »Salvete flores martyrum palma et coronis« („Seid gegrüßt ihr Blüten der Märtyrer mit der Palme und mit Kronen“). Die dargestellten Attribute bezeichnen sowohl den himmlischen Lohn wie die Tugend der Märtyrer im Allgemeinen (und im Besonderen der Unschuldigen Kinder): Die Palme ist das Symbol der Märtyrer, als „Lebensbaum“ ist sie Sinnbild des durch ihr Zeugnis für Christus gewonnenen Lebens. – Die Krone ist Sieges- und Ehrenzeichen (zugleich auf Gottes Wohlgefallen und auf die den Heiligen gewährte Herrschaft hinweisend). – Die weiße Lilie ist ein Zeichen des göttlichen Lichtes. So verweist sie einerseits auf die geschenkte Gnade Gottes und andererseits auf die Tugenden von Unschuld, Reinheit und Keuschheit. – Die rote Rose gilt seit der Zeit der Kirchenväter als ein Symbol für das vergossene Blut der Märtyrer. Sie steht ebenso für die Tugenden des Anstandes und der Ehrbarkeit. Der genannte Text zitiert einen alten Hymnus aus dem Stundenbuch zur Laudes am Fest der Unschuldigen Kinder Salvete, flores martyrum. Den auf Prudentius (†nach 405) zurückgehenden Hymnus gibt es in verschiedenen Fassungen, dazu auch zahlreiche Vertonungen, unter anderem von Michael Haydn. Die ersten beiden Strophen lauten:
(1) Salvete, flores Martyrum, / In lucis ipso limine / Quos saevus ensis messuit, / Ceu turbo nascentes rosas (Seid gegrüßt ihr Blüten der Märtyrer, die im ersten Licht [des Tages] das wütende Schwert abschlug wie der Sturm die aufblühenden Rosen).
(2) Vos prima Christi victima, / Grex immolatorum tener, / Aram sub ipsam simplices / Palma et coronis luditis (Ihr seid die erste Opfergabe für Christus, ihr junge Schar der Getöteten, in kindlicher Aufrichtigkeit spielt ihr unter seinem Altar [vgl. Offb 9,6] mit der Palme und den Kronen).
Kanzel
Die Kanzel, mit ihren vier figürlichen Darstellungen beherrscht die rechte Seitenwand des Kirchenschiffes. 1842 wurde sie neu gefasst, 1912 neubarock überarbeitet. Die Figuren sind jüngeren Datums, sie zeigen den hl. Albert den Großen (†1280), die hl. Theresia vom Kinde Jesu (Therese von Lisieux, †1897), eine Schutzmantel-Madonna mit Kind und (fehlendem) Szepter sowie den Hl. Aloysius Gonzaga (†1591). Die Madonna stand früher (um 1900) im rechten Seitenaltar.
Kreuzweg
1790 hatte die Kirche einen ersten Kreuzweg bekommen, 1842 wurde er renoviert.
Ausstattung an der Südwand
Aus den Figuren an der Südwand der Kirche ragen die Pietà (Maria um den toten Jesus trauernd, um 1720/30) und die Figur des hl. Sebastian heraus. Den Text des Epitaphs für Pfr. Simon Fischer (†1748) finden sie > hier < .
Ausstattung an der Nord- und Westwand
An der Nordwand befindet sich ganz vorne beim linken Seitenaltar auf halber Höhe eine Figur der hl. Ottilie. Als Gnadenbild erinnert sie ebenso wie die darunter angebrachten kleinen Votivtafeln (datiert 1858 und 1869) an eine im 19. Jahrhundert lebendige Wallfahrt zu der Heiligen. Noch um 1900 war ihre Figur in der Nische des linken Seitenaltars aufgestellt. Die Gottvaterfigur (Ende 17. Jh.) über der heiligen Ottilie war früher oberhalb des Chorbogens angebracht, wo seit 2008 die Widmungsinschrift wieder zu sehen ist.
An der Westwand hinten findet man rechts neben dem Ausgang ein Emblem mit der Darstellung des Kindermords zu Bethlehem.
Weiteres
Glocken
Bei der Renovierung 1714 wurden auch zwei Glocken angeschafft. 1909 kamen drei neue Glocken auf den Turm (viereinhalb, dreieinhalb und zwei Zentner schwer). Gegossen wurden sie von Hr. Hamm in Augsburg. Die beiden kleineren wurden wenige Jahre später, am 27. August 1917, durch das Militär beschlagnahmt. 1922 wurden sie ersetzt. 1942 mussten die beiden größeren Glocken für Kriegszwecke abgegeben werden. Heute befinden sich im Turm wieder drei Glocken. Sie wurden 1949 von der Firma Karl Czudnochowsky, J. Bachmair Nachfolger, zu Erding gegossen. Die Weihe-Inschriften lauten:
◾ „Unschuldige Kinder — Alle heiligen unschuldigen Kinder Bittet für die Katholische Jugend um bewahrung der Unschuld“ (große Glocke)
◾ „Maria Mutter der Gnade und Barmherzigkeit schütze uns vor dem bösen Feinde und nimm uns auf in der Stunde unseres Hinscheidens“ (mittlere Glocke)
◾ „Ins Paradies führen uns die Engel Gottes“ (kleine Glocke)
1965 wurde im Turm ein neuer Glockenstuhl und ein elektrisches Uhrwerk eingebaut.
Orgel
Eine Chronik erwähnt, dass 1867 die Taitinger Orgel um 66 Gulden gekauft, repariert und dann von Orgelbauer Frosch von München/Au aufgestellt wurde. Sie ist vermutlich nicht identisch mit der jetzigen Orgel von Georg Friedrich Steinmeyer. Auf einem Revisionsdeckel wurde hier die Inschrift gefunden: „Fabr. v. G. F. Steinmeyer, Öttingen, Montiert v. Orgelbauer Hans Josef Mertel aus Mkt. Schorgast, Oberfranken & Friedrich Kneisch aus Württemberg am 22. Juni anno 1896, mitgeholfen hatte Gastwirt Georg Lechner, Wessiszell 1896“. 1917 wurden die äußeren Orgelpfeifen aus Zinn für den Krieg beschlagnahmt.
Alte Ansichten
Einige historische Fotografien finden sie > hier <.
Literatur
Wendelin Menzinger: Die Geschichte der Pfarrei Wessiszell, 1981.
Kath. Pfarramt Dasing (Hrsg.): Festschrift zur Priesterweihe und Primiz von Daniel Reichel am 30. Juni 2007 im Dom zu Freising und am 8. Juli 2007 in Dasing, red. von Hans-Georg Hansen, Dasing 2007.
Hans Blöchl, Befunddokumentation Kath. Pfarrkirche „Unschuldige Kinder“ Wessiszell vom August 2008 (durch Thomas Schwarz).
Gabriele und Hubert Raab, Pilgerwege im Wittelsbacher Land. Rund um bekannte und vergessene Wallfahrtsstätten. Augsburg 2010
Paula, Georg / Bollacher, Christian: Landkreis Aichach-Friedberg. Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Denkmäler. München: Lipp 2012.